Hallo Christine,

genau das wäre ein Beispiel für Mutation und Auslese, ein Vorgang, der viel zu lange dauern würde, als dass ein Menschenleben bei Schildkröten das beobachten könnte. Bei Mikroben geht es schnell: Wenn die Bedingungen günstig sind, haben die Abertausende von Nachkommen und viele Generationen an nur einem Tag. Auf die Schildkröten umgelegt, würden schon Hunderte von Jahren vergehen, wenn nicht Tausende von Jahren.

Zwar ist die Chance gegeben, dass die Haltung vertragende Tiere wieder Tiere zeugen, die die Haltung schon eher vertragen - aber das sind längst nicht alle, sondern eher der kleinere Teil der Nachkommen. Bis da eine Population entsteht, die gegen Haltung resistent ist, dauert es viele Generationen, die wir in einem Menschleben nicht erleben.

Wenn die Mehrheit der Tiere schon in der zweiten Generation mit der Haltung besser zurecht kommt, so ist es nicht durch natürliche Auslese entstanden. In einer Generation funktioniert das nicht. Dann ist das Epigenetik. Da werden durch äußere Einflüsse Gene aktiviert, die vorher schlummerten.

Liebe Grüße!

Herbert

Also, hier die Fortsetzung nach einem wunderbaren Nachmittag bei den Schildkröten!

Ich stelle jetzt eine Theorie auf, die von mir, also einem Laien stammt. Aber auch Eure Theorien stammen von Laien, da auch ihr keine Genetiker seit. Ihr könnt der Meinung sein, dass meine Theorien falsch sind. Aber ebenso kann ich der Meinung sein, das Eure Theorien falsch sind. Beweisen können wir als Laien nichts. Da müssten von Genetikern schon konkrete Forschungen gemacht werden.

Sowohl aus fossilen Befunden als auch aufgrund heute vorkommender Spezies kann man sagen, dass diese mindere Höckrigkeit in der Natur vorgekommen ist und vorkommt. Wie gesagt, selbst bei manchen Exemplaren europäischer Landschildkröten. So wie in uns viele Informationen vorhanden sind, die nicht aktiviert werden, könnte eine Information über diesen anderen Panzerbau vorhanden sein.

Und durch die Haltung (äußere Einfluss) werden die Schaltmechanismen der Gene für den Carapax-Bau beeinflusst. Denn wenn es die Beobachtung gibt, dass Nachkommen höckriger Tiere, die nach allen Regeln der Kunst gehalten werden, diese mindere Höckerbildung aufweisen, ist das ein Hinweis, dass entweder a) trotzdem mit Haltung etwas nicht stimmt, oder aber b) das epigenetische Phänomene im Spiel sind.

Und im Fall b wäre mindere Höckrigkeit ganz anders zu beurteilen, und unser Glatt-wien-Popo-Fetischismus verleitet nur, nach Wildfängen zu schielen, weil die sind glatt wien Popo. Und dieses Schielen nach Wildfängen ist moralisch verwerflich.

Ich kann es auch nicht beweisen (wie auch ihr mit nicht beweisen könnt, dass ich unrecht habe), aber ich meine, dass Epigentik im Spiel sein kann und dass wir folglich - wenn wir alles für eine möglichst artgerechte Haltung getan haben - es einfach zur Kenntnis nehmen sollten, wenn diese mindere Höckrigkeit bei Nachkommen höckriger Tiere auftritt.

Es grüßt euch herzlich

Herbert

Cordula schrieb:

Zitat

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aber warum haben dann zwei gleich gehaltene Tiere so eine unterschiedliche Entwicklung(siehe meinen Beitrag vorher)?

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graeca63 schrieb:

Zitat

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Dagegen scheinen sich Verhaltensweisen und Futtervorlieben der Elterntiere zu vererben, was dann natürlich dazu führt, dass ein (leicht) höckriges adultes Tier auch Nachzuchttiere produziert, die die gleichen "Fressanlagen" haben bzw. ruhigere Nachzuchten produzieren, die sich - wie @cassi auch schon schrieb - überwiegend "rar" machen, sich öfter irgendwo eingraben, später zum Futter auftauchen und ergo über die Saison weit weniger Futter als ihre präsenten Geschwister aufnehmen.

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Die Verhaltensweisen Deiner Tiere werden sich von kleinauf schon unterschieden haben. Es reicht manchmal schon, wenn sich z.B. eine Schildkröte zum Herbst hin einfach länger unter (suboptimal) aufgehängten lokalen Strahlern aufhält als das andere, weil es seine Temperatur vielleicht nicht so gut auf einem längeren Niveau halten kann die andere Schildkröte. Oder ein Tier ist einfach nur schneller abgetaucht als das andere.

Sie sehe hier auch keinen evolutionären Vorteil bei einer Vererbung an die Jungtiere. Ich bin da ganz bei Rosis Ausführungen.

LG Andreas

Zitat

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Die Höckerige war immer sehr lange wach, lag viel unterm Strahler und hatte verkürzte Starren, Die glattere war immer sehr früh weg und auch spät wieder da, sie fraß immer weniger und wog immer ca. 100g weniger.

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Siehste Cordula!
Das deckt sich auch mit meinen Haltungserfahrungen bei den Minis.

LG Andreas

Dass mindere Höckrigkeit mit dem Nahrungsangebot bei uns (sei es auch "natürlich" in dem Sinne, dass es einfach wächst) zu tun haben kann, vermute auch ich.

Und weil es von (Fr)Ess-Gewohnheiten die Rede war, sei noch einmal die Epigenetik bemüht: Man hat herausgefunden, dass aufgrund epigenetischer Mechanismen die Essgewohnheiten der Großeltern sich auf den Gesundheitszustand der Enkelkinder auswirken, obwohl diese jene nicht gekannt haben.

Worauf es mir auch ankam, dass die Genetik weit über die Phänomene hinaus ist, die Mendelson beschrieben hat und wie wir es in der Schule lernten. Und dass Mechanismen wirken, von denen wir keine Ahnung haben und auch keine Ahnung haben können. Wir sollten uns daher in unseren "Ideologien" und festgefahrenen Meinungen ein bisschen auflockern. Ich sehe diese mindere Form der Höckerbildung mit anderen Augen und glaube, dass es letzlich auch den Schildkröten zugute kommt, wenn wir auf diesem Terrain ein bisschen entkrampfter werden.

Ich wette, wenn es sich um die mindere Höckrigkeit handelt und wir in den Gehegen von Haltern spionieren, die wir für gut befinden, viel mehr diese Art der Höckrigkeit finden als es langläufig thematisiert oder zugegeben wird.

Liebe Grüße!

Herbert

Hallo,
ich glaube Andreas`Theorie trifft es ziemlich auf den Punkt.
Mein Bestand besteht aus Tieren von unterschiedlichen Züchtern, sowie eigene Nachzuchten. Ein Männchen, welches ich von klein auf habe, frißt zwar viel, ist aber auch viel unterwegs, eher ein unruhiges Tier. Er badet sehr gerne ausgiebig. Er ist meine schönste Schildkröte, nicht aalglatt, nur leicht angedeutete Höckerchen.
Das Weibchen, welches ich von kleinauf habe, frißt schon immer, wie ein Scheunendrescher, und ist höckrig.
Zwei Weibchen habe ich aus einer optimalen Zucht übernommen, die Tiere haben vom Schlupf an draussen gelebt, und auch dort überwintert. Die Züchterin hat nur einen Fehler gemacht, sie wußte es in den Anfängen ihrer Zucht nicht besser, und hat sie zu trocken gehalten. Die Tiere sind auch höckrig.
Meine eigenen Nachzuchten sind fast 4 Jahre alt, bis jetzt noch schön glatt, mal schaun, ob es so bleibt.

Also wenn bei meinem Jahrgang 2013 diese mindere Höckrigkeit von der kurzen Terrariumshaltung in der Übergangszeit kommen sollte, dann ist das nicht Trockenheit. Weil ich hielt den Boden unter dem Kies extrem nass - da stand immer das Wasser. Aber wie gesagt, das ist Vergangenheit.

Was sagt ihr zu meiner Beobachtung, dass die mindere Höckrigkeit im dritten Jahr auftritt?

LG Herbert

Hallo Herbert,
sollte die kurze Terrarienhaltung Schuld sein, könnte es mit den eher sommerlichen Temperaturen zusammen hängen, damit ein zu schnelles Wachstum.
Ist jetzt nur so eine Theorie.........

Guten Morgen!
Ich bin ja keine Expertin aber ich denke ich weiß warum meine ersten 4 leichte Höcker haben. Ich habe sie mit 3 Jahren bekommen. Bis dahin durften sie nicht starren (weil sie ja noch so klein sind) und mussten den Winter in einem kleinen Hasenkäfig im Haus mit der Bestrahlung durch eine Glühlampe verbringen und der Bodengrund bestand aus Sägespänen. Natürlich gab es keine Feuchtigkeit und bis ich sie bekommen habe, wurden sie fast ausschließlich mit Salat ernährt. Manchmal gab es auch Obst und Gemüse. Draußen haben sie in Kalthaltung gelebt. Sie hatten keine Futterpflanzen zur Verfügung sondern auch wieder fast nur Salat.
Mein erster und einziger Kontakt zu Schildkröten vor 4 Jahren war diese Halterin. Und ich muss auch gestehen, dass ich gar nicht wusste, das Schildkröten auch einen glatten Panzer haben können (haben sollten). Ich war ganz entsetzt als ich mich in den Foren umgeschaut habe und feststellen musste, dass diese Kröten anders ausschauen als meine.