Ich komme gerade von der DGHT Tagung und mir geht der Vortrag von Tierarzt Hermann Kempf "Nierenprobleme bei Schildkröten" noch im Kopf herum.
Es handelte sich um einen Online Vortrag. Im Anschluss war es möglich, Fragen zu stellen.
Zusammenfassung:
Die Niere ist wie ein Filter, der im Laufe der Jahre immer stärker verstopfen kann.
Bei Nierenproblemen wird die Harnsäure, die normalerweise als Urat ausgeschieden wird, außerhalb der Niere im Körper eingelagert, z.B. im Maul, im Bauchraum oder in den Gelenken => Gicht
Hinweise auf Nierenprobleme:
- oft überhaupt keine äußeren Anzeichen
- Dehydrierung, eingefallene Augen
- Ödeme
- Muskelabbau an den Hinterbeinen, SK zieht Hinterbeine nach
Ursachen:
- zu trockene Haltung als Schlüpfling / Jungtier
- zu viel Protein im Futter
- Gift in Form von Vitaminpräparaten (Korvimin)
- zu lange Winterstarre (!) Empfehlung: 6 Wochen, da die Tiere auch in der Natur nicht länger überwintern würden (!!)
- Baden vor der Winterruhe wird empfohlen
Untersuchung
- Röntgenbild oder CT
- Probe per Endoskopie entnehmen
- alle 4 Wochen Blutwerte untersuchen. Harnsäurewert ab 8 ist kritisch
- Ultraschall ist schwierig zu realisieren
Maßnahmen:
Eine geschädigte Niere kann nicht geheilt werden!
- Durchspülen (Infusion. abgestimmt auf Natrium und Kaliumwerte)
- Allopurinol AL100 (evtl. lebenslang) Es transportiert Giftstoffe aus dem Körper heraus, heilt aber nicht die Niere
- Beim Menschen käme eine Blutwäsche oder Nierentransplantation in Frage. Diese entfällt aber bei Schildkröten.
Empfehlung:
- Wintercheck für jede einzelne SK vor der Einwinterung incl. Blutbild. Der Verzicht auf diese Untersuchung käme einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gleich, denn eine SK mit kleinem Nierenschaden erwacht mit einem großen Nierenschaden aus der Winterstarre und stirbt bald darauf.(!)

Insgesamt viele interessante Informationen. Aber ihr könnt euch vorstellen, dass ich beim Thema Dauer der Winterruhe nachgefragt habe. Im natürlichen Lebensraum dauert die Überwinterung wesentlich länger als genannt, vor allem in den Thb-Gebieten, nämlich nachgewiesenermaßen bis 5,5 Monate. Herr Kempf blieb aber bei seiner Aussage, und räumte später ein: "allerhöchstens 3 Monate"

Später hat mein Lieblingstierarzt, der diesmal nur als Gast und nicht als Referent auf der DGHT-Tagung war, in einem privaten Gespräch in kleiner Runde meine Argumentation bekräftigt. Er hält darüber hinaus einen generellen Wintercheck für übertrieben und für reine Geldmacherei.

Wie soll ein Anfänger wissen, was richtig ist, wenn sich nicht einmal die Tierärzte einig sind?

Ich denke, dass nierengeschädigte SK einen Teil der Urate auf natürlichem Wege ausscheiden.
Mich hat eher die Aussage, aus einem kleinen Nierenschaden würde während der Winterstarre ein großer Nierenschaden und das Tier würde bald darauf sterben, beruhigt. Denn bei mir ist in über 50 Jahren noch keine SK gestorben, außer an Verletzungen.
Was mich auch gewundert hat: Die sogenannte „Kalthaltung „, die sonst gern für Nierenschäden verantwortlich gemacht wird, wurde nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt.

Ich war auch bei dem Vortrag dabei. Ich fand ihn für Laien zu unübersichtlich, zu erschlagend, und wie schon erwähnt, in manchen Aussagen zu übertrieben. In manchen Punkten auch reine Panikmache. Ebenso wurde Sammelkotabgaben zu Untersuchung strikt abgelehnt. Sie würden die Ergebnisse verfälschen. Der Vortrag ist bei youtube noch eine Woche anzuschauen. Die anschließende Diskussion war technisch noch dazu eine Katastrophe.

Unter dem Vortragsthema; Nierenerkrankungen bei Landschildkröten - Prävention, Früherkennung und Therapiemöglichkeiten Hermann Kempf/Augsburg (Tierärztliche Praxis für Exoten Augsburg) müßte er eigentlich zu finden sein. Sonst über den Namen des Arztes.


PS:: Kempf ist richtig. Ich habe den Druckfehlerteufel verbannt.