Liebe Gunda,

ich versuch jetzt eine andere Zusammenfassung, die Beschreibung und Ursachen ein bisschen zusammenbringen soll. Ich will sie nicht aufdrängen, wenn sie nicht passt, verwirf sie.

Dabei kommt man natürlich ohne Vermutung und neue Fragestellungen nicht aus. Ausgehend von der Erscheinungform, möchte ich die Ursachen ein bisschen einflechten. Dann ist nicht zu vergessen, dass es sicher viele Mischformen gibt. Also:

1. Schwer pathologische, oft nicht mehr mit dem Leben vereinbare Entgleisung des Knochenmetabolismus, mit Knochenerweichung und -deformation bis hin zum Zusammenbruch des Skelettapparats. Ursachen: gröbste Haltungsfehler, Indoor-Haltung ohne UV
2. Höckrigkeit hervorgerufen durch Wachstumsstörungen der Schilde. Ist im Pathologischen einzuordnen. Erscheinungsbild: Die Grundfläche meistens der Wirbelschilde, manchmal aber auch der Rippenschilde ist stark verkleinert. Das Flächenwachstum ist gestört, es erfolgt vermehrtes Wachstum in die Höhe (Höcker). Andere Schilde springen flächenmäßig für dieses defizitäre Wachstum ein. Im Regelfall ist die Lebensqualität der Tiere kaum beeinträchtigt. Sekundärliteratur weist darauf hin, dass eine Störung der Wachstumsfugen, ausgelöst durch Wärmebestrahlung, eventuell auch Trockenheit durch Bestrahlung, schuld ist. Frage: Kann aufgrund dieser Höckrigkeit das Wachstum der Wirbelsäule beeinträchtigt sein?
Punkt 1 und 2 sind pathologisch und sicher nicht genetisch vorprogrammiert, sondern durch äußere, von Menschen verursachte Faktoren bedingt. Sie kommen in der Natur nicht vor!

Davon streng zu scheiden ist die Dreidimensionalität der Schilde (3DS :-), bei der es nicht zur Verringerung der Grundfläche der Schilde kommt (subjektiv betrachtet: auch die Harmonie der Schildeproportionen bleibt erhalten). Diese 3DS beschränkt sich meist innerhalb eines gewissen Ausmaßes (ist also nie so extrem wie es bei Punkt 2 der Fall sein kann, aber nicht sein muss). Das Tier hat keinerlei Beeinträchtigungen und ist als völlig gesund zu bezeichnen. Ausbildung wird oft bei Wachstumsschüben beobachtet. Ursachen: Nahrungsangebot, eventuell Vergrößerung der Oberfläche zur natürlichen Nutzung der Sonne, klimabedingte Anpassungen und andere Ursachen, die wir nicht kennen - vermutlich auf Basis epigenetischer Vorgänge. Einige Fakten weisen darauf hin, dass es sich um eine genetische Prädisposition handelt (verschieden ausgebildete Neigung bei verschiedenen Arten, diese 3DS zu entwickeln; die typische Graecazeichnung, die diese 3DS nachbildet; natürliches Autreten bei außereuropäischen Arten: Die meisten Galapagosschildkröten haben es. Googlet!). Es könnte sich um den Rückgriff auf nicht immer realisierte Anlagen handeln.

Die 3DS weist auf eine im Tier vorhandene Potenzialität hin, auf gewisse Umweltbedingungen zu reagieren. Sie ist daher eventuell sogar als positiv zu beurteilen. Es ist die Form, die in der Natur vorkommt.

Liebe Grüße!

Herbert

Ich habe bewusst auf den Ausdruck Pyramide verzichtet, weil es nicht immer eine Pyramide sein muss und "pyramide" im Englischen für Höckrigkeit steht.

Danke, Gunda!

Ja, das mit der Potenzialität ist nur eine Meinung!

Der Minimalkonsens wäre die Unterscheidung in die Punkte von 1 - 3 mit jeweils verschiedenen Ursachen, obwohl die Ursachen wahrscheinlich längst nicht ausdiskutiert sind. Aber die Verschiedenheit der Ursachen scheint mir vollkommen klar: Anzunehmen, dass von ein bisschen zuviel Futter z.B. die Grundfläche der Schilde reduziert werden kann und die Wachstumsfugen zerstört werden können, wäre wohl ein wenig abwegig. Weiters ist für mich klar, dass 1 und 2 Haltungsfehler betreffen. Das ist sicher. Bei Punkt 3 ist das nicht klar. Für mich hat das mit Fehlern nichts zu tun, eventuell aber mit der Haltung unter den Bedingungen, die bei uns einfach herrschen (Meinung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit).

Punkt 1 und 2 hat nichts mit Genetik zu tun, sondern ist ausschließlich durch Fehlhaltung verursacht.

Was ich über genetische Disposition bei Punkt 3 sage, ist aufgrund der drei Argumente, die dafürsprechen, schon ziemlich evident.

Was ich jetzt hier fett gesetzt habe, kann man als gesichert annehmen. Es wäre schön, wenn wir das als Basis für die weitere Diskussion nehmen könnten.

Wenn du willst, kann ich die Zusammenfassung in dem Sinne abspecken, dass ich zwischen sicheren Tatsachen, hoher Wahrscheinlichkeit, und neue, aber noch nicht bewiesene Gedanken unterscheide, die sich aus den Gegebenheiten folgern (Potenzialität).

Die Diskussion mit den Lampen ist eigentlich eine andere, für die du eh schon eine Zusammenfassung gemacht hast.

Es grüßt dich!

Herbert

Und jetzt wäre die Frage interessant, ob es uns gelingt Fotos von einwandfrei in der Natur lebenden Tieren zu finden, die eine Reduktion der Grundfläche der Schilde haben. Ich vermute, dass wird es in der Natur kaum geben.

Bis jetzt hat ja niemand darauf geschaut. Ich bin neugierig, was rauskommt, wenn man das jetzt auch bei der Beobachtung von Wildtieren berücksichtigt. Und nicht nur die "Höckrigkeit".

Ich finde schauen für wichtig. Ich verbringe Stunden die Tiere zu beobachten. Und da macht es manchmal klick: Man erkennt etwas, ohne es vorher rationalisiert zu haben. Für mich ist jetzt z.B. die Unterscheidung von Punkt 2 und 3 auf den ersten Blick klar (Vorsicht: Mischformen!!!).

"schauen" heißt auf Lat. intuere, davon kommt das Wort Intuition (die Anschauung). Die Intuition ist eine legitime Methode, Erkenntnisse zu gewinnen. Sie bedarf allerdings im nachhinein einer Beweisführung, da sie vom Wesen her keine argumentative Erkenntnismethode ist. Sie hilft aber auf den richtigen Weg.

LG Herbert