Hallo Hannelore,
Es geht hier nicht um die Umsiedlung von einer Gefangenschaft in die nächste sondern um die Entlassung in die Freiheit! Dafür ist so ziemlich jeder Zeitpunkt der richtige. Die Tiere werden in den nächsten Tagen unter tausenden von Auswahlmöglichkeiten das richtige Winterquartier wählen und brauchen sich nicht mit dem zufrieden geben, was wir Menschen für sie vorgesehen haben. Nenn mir bitte einen Grund, was daran schlecht sein soll.

Die betreffenden Landschildkröten stammen alle aus der Wildnis. Sie wurden wie gesagt in den letzten Wochen von der Straße aufgelesen oder von irgendwelchen Baustellen gerettet. Nun sind sie in einer relativ sicheren Umgebung in einem intakten Schildkrötenhabitat. Vielleicht habe ich einen Denkfehler, aber ich verstehe eure Bedenken nicht.

Die Emys haben lange unter menschlicher Obhut gelebt. Aber auch sie erkundeten sofort das Gewässer. Keine wirkte so, als ob sie zurück in ihr Plastikbecken wollte.

Zu deiner Frage mit dem Schlüpfling: Begieß mal reinen Lehm mit Wasser. Dann weißt du, warum der Schlüpfling bei dieser Maßnahme wahrscheinlich endgültig erstickt wäre.

Heute ist übrigens Tag 3. Es sind nur 13 Grad und es nieselt. Zeit fürs Internet.

Tag 3 gestern:
Es regnete ununterbrochen und vom Nachmittag bis spät in die Nacht hinein entwickelte es sich zu einem Unwetter mit Sturm und Starkregen. Es regnete auch durch die Decke an einer Stelle in unserer Unterkunft, dem Lehm-Zimmer. Wir verbrachten den Tag im Wintergarten, kauten frisch geerntete Feigen, Trauben und Walnüsse und ich konnte in Ruhe einen Text über die Verbreitungsgebiete von Thb und Tgi von V.A.Beshkov studieren. Außerdem übersetzte ich Teile der englischsprachigen HP auf Deutsch und konnte mich so etwas nützlich machen. Neben mir auf der Bank saß das große Leguan-Weibchen und hinter mir rumpelte eine Kynixis in einem Terrarium, die dort ihr Ei ablegen soll, was sie aber bis jetzt nicht getan hat. Es war auch viel Zeit für Schildkröten-Gespräche mit Ivo und Iva.

Heute am Tag 4...
... Scheint der Himmel etwas aufzureißen. Es ist immer noch stürmisch. Die Temperaturen liegen nur noch bei 10 Grad. Ich kann mir kaum vorstellen, dass bei dem Wetter etwas schlüpft. Im Laufe des September haben Ivo und Iva schon ca. 50 Thb- und 50 Tgi- Naturbruten eingesammelt. Sie sitzen in einem separaten Schlüpflingsgehege, wo sie auch überwintern werden. Es wird nur eine dicke Schicht Stroh drauf geworfen. Im Alter von 3 Jahrenwerden sie ausgewildert
Die Gehege haben übrigens keinen Schutz gegen Fressfeinde, obwohl es hier Ratten, Marder und Raben zuhauf gibt. Es gab noch nie Übergriffe. Wir erörterten das Thema ausgiebig.

Tja, nicht direkt mit einer Erkenntnis, höchstens mit einer Vermutung: dass sich Ratten und andere Fressfeinde in dichter besiedelten Gebieten anders verhalten als in sehr ländlichen Gebieten. Wenn dazu Diskussionsbedarf besteht, sollten wir das vielleicht an anderer Stelle vertiefen.

Hier im Schildkrötenzentrum werden übrigens laufend Schildkröten abgeliefert. Gestern zwei Thb, heute eine Tgi. Wenn sie unverletzt sind, gesund aussehen und älter als 2 Jahre sind, werden sie baldmöglichst in einem sicheren Gebiet ausgewildert.
Der Himmel klart auf, die Temperaturen werden heute nacht auf jeden Fall deutlich unter 10 Grad liegen. Ivo trägt gerade die Radiatas, Platynotas und andere tropische Schönheiten in die Frühbeete. Sie sind alle noch in ihren Freigehegen.

Tag 5:
Juhu, ich finde einen Matschverklebten Schlüpfling im Tgi-Gehege. Aus welchem Loch er kam, weiß keiner so genau. Er wird heute der einzige bleiben, denn es ist bewölkt. Sie schlüpfen vorwiegend bei strahlendem Sonnenschein, erfahre ich. Wir machen einen Ausflug nach Pobiti Kamali, einem Gebiet mit eigenartigen Gesteinsformationen, genannt "der steinerne Wald". Bizarre Säulen vor gelb-roten Herbstlaub und dramatischer Bewölkung. Der Menschenleere Ort wirkt geradezu magisch. Schildkröten soll es hier auch geben, aber außer ein paar Eierschalen sehen wir keine Anzeichen.

Gestern war schon der letzte Tag unserer Reise. Tag 6:
Der Himmel ist strahlend blau und es sind für die folgenden Tage nochmal wärmere Temperaturen angesagt. Der Boden wird allmählich trocknen und laut Ivos Prognosen werden dann in den nächsten Tagen noch einmal Schlüpflinge ans Tageslicht kommen. Leider werden wir das nicht mehr erleben, weil am frühen Nachmittag schon der Flieger startet. Vormittags tauschen Ivo und Emilio das Wasser der 8 Chelydra-Becken (Schnappschildkröten). Da ist Manneskraft gefordert. Zum Glück werden diese Monster noch vor Wintereinbruch vom Zoo in Sofia aufgenommen.

In den nächsten Tagen gibt es einige Fotos in der Galerie zu sehen. Aktuell beiden Schlüpflinge, die ich in dem Gehege gefunden habe und das Aufzuchtgehege mit einigen Tgi- und Thb-Schlüpflingen vom September.

Hallo Petra,
in der Beschreibung des Albums in der Galerie habe ich etwas dazu geschrieben. Die ersten drei sind vermutlich von Autos überfahren worden, die vierte wurde vom Hund angenagt und Nr.5 lebte lange auf einem Betonboden. Viel mehr kann ich nicht sagen. Für die Zeit der Heilung bleiben sie im Schildkrötenzentrum in einem Extra-Gehege. Wenn sie wieder gesund sind, werden sie in die Wildnis entlassen (in eine Gegend, wo es relativ wenig Autoverkehr gibt)

Ich glaube nicht, dass es eine Nekrose ist. Es sind einfach Abschürfungen.
Alle abgebildeten Tiere sind Langzeitpatienten. So eine Heilung zieht sich über Monate, wenn nicht über Jahre hin.