Hallo,

egal, ob sich die künftigen Halter jetzt für ein oder mehrere Tiere entscheiden, wichtig ist die unmittelbare "schonungslose" Aufklärung des jeweiligen Züchters; da bin ich ganz bei Sabines Ausführungen. Vor zwei Tagen rief mich eine Dame an, die zwei fünfjährige maurische Tiere hat und ihr Freigehege jetzt vergrößern möchte. Sie würde von mir gerne ein Männchen dazunehmen, woraufhin ich sie bat, mir doch einmal Fotos ihrer Tiere zu schicken. Aufgrund dieser Bilder lässt sich das Geschlecht nicht bestimmen (sie wiegen derzeit beide ca. 350 gr.). Da sich die Schildkröten theoretisch durchaus noch als Männchen outen können, riet ich ihr dazu abzuwarten. Sie wird vermutlich dem Rat ihres Tierarztes folgen, der ihr empfahl die Tiere röntgen zu lassen. Tja, was soll man hierzu sagen...? Geht natürlich auch und wäre in Anbetracht künftiger Anschaffungen vielleicht sogar nicht die schlechteste Variante, wenn auch diskussionsbedürftig... ;) Eine eventuelle Abgabe eines Tieres käme für sie überhaupt nicht in Betracht, worauf ich sie über eine ungünstige Geschlechterkonstellationen aufklärte. Ich denke, sie wird noch einige Jahre abwarten, bis sie Klarheit hat. Aufklärung halte ich daher für sehr wichtig.

Grundsätzlich glaube ich auch, dass zumindest europäische Landschildkröten sehr gut allein klarkommen und nicht zwingend einen Partner benötigen, schon gar nicht Weibchen. Wegehaupt beschreibt, dass die Tiere eine lockere Gesellschaft zueinander pflegen, d.h. das sie sich immer mal wieder über den Weg laufen. Aber das geschieht nicht bewusst, sondern zufällig. Kleine Tiere haben einen noch vergleichsweise kleinen Bewegungsradius, leben sehr versteckt und weiten diesen mit den Jahren immer mehr aus, um irgendwann im offenen Buschland zu leben. Sie benötigen keinen Partner, sie besitzen keine sozialen Bindungen, wie beispielsweise Herdentiere. Allerdings habe ich auch festgestellt, dass Männchen, die von kleinauf in einer Gruppe zusammen aufwuchsen, nicht so aggressiv untereinander sind wie Männchen, die längere Zeit allein gehalten wurden. Mir sind hier einige traurige Beispiele bekannt. Vielleicht tritt durch die ständige Präsenz gleichgeschlechtlicher Artgenossen wirklich eine Art Gruppendepression auf und die ursprünglichen Merkmale wie das "sich behaupten, dass Konkurrieren und die Kommentkämpfe kommen mit den Jahren weitestgehend zum Erliegen. Es gibt ja stets die gleichen Weibchen, die die gleichen Männchen längst schon untereinander aufgeteilt haben. Der Schlüsselreiz aufgrund neuer Eindrücke kommt nicht mehr auf...man arrangiert sich. Oft sprechen erfahrende Schildkrötenhalter dann auch schon mal von einer "gut funktionierenden Gruppe". Ich bin mir da nicht so sicher. Die sind dann wohl eher "gleichgeschaltet". Aber selbst wenn das so ist stellt sich die Frage, ob es den Tieren schadet? Wenn sie nicht wie in einem Schuhkarton leben müssen und ansonsten naturnahe Verhältnisse in einer derartigen Gruppe vorfinden, dürfte das eher sein Segen für diese Männchen sein.

Zitat

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ABER, bei Jungtieren wissen wir das Geschlecht schließlich noch nicht und was, wenn die Tiere später, wenn die Geschlechtsreife eintritt, nicht mehr zueinander passen?
Was also tun, was einem Anfänger dieses Hobbys raten?

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Ich habe die letzten Jahre künstlich bebrütet und konnte daher schon etwas am Geschlecht manipulieren. In meiner semiadulten Anlage tummeln sich ca. 25 Tiere (von 1-8 Jahren querbeet), wobei sich nur sehr wenige als Männchen outen (kommt aber immer wieder vor. "Die Natur findet einen Weg", wie mal jemand in einem bekannten Film so treffend formulierte). Diese Schildkröten gebe ich in der Regel kurz vor der Geschlechtsreife ab, manchmal auch schon vorher, wenn sie, fast auch schon mal vorkommt, unausstehlig werden. Hier dauert es oft sehr lange, bis ich die passenden Pfleger für das Männchen gefunden habe, denn ich will schon, dass sie in verantwortungsvolle Hände kommen, lasse mir Fotos der Anlage zeigen und betreibe auch hier so gut ich kann Aufklärung.

LG Andreas

Gruppen- oder Einzelhaltung... eine gute Frage.

Ich denke, es kommt ganz entscheidend darauf an, wie viel Platz den Tieren geboten wird.
Orientiert man sich an den empfohlenen Mindestmaßen und hat dann noch ein schlecht strukturiertes Gehege, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass es Stress gibt in der Gruppe, auch wenn das empfohlene Geschlechterverhältnis gegeben ist.
Dann findet das Männchen die Weibchen dauernd und nervt sie unentwegt, was wohl für beide Geschlechter Stress bedeutet.

Ich glaube, dass eine Gruppenhaltung nur in einem wirklich großen und gut strukturierten Gehege problemlos möglich ist. Wer wenig Platz hat, dem würde ich doch wohl eher zu einer Einzelhaltung oder von der Schildkrötenhaltung ganz abraten.

LG
Dani

nur um das noch einmal klar zu stellen: ich schrieb von der Wasserschildkrötenhaltung in einem Aquarium !
Da passen sicher keine "...sonnenden Massenansammlungen von Wasserschildkröten" rein.

Gruß,
Sabine

Liebe Sabine,

Wasserschildkröten gehören überhaupt nicht in ein Aquarium, wenn schon dann in ein Aquaterrarium. Europäische aber genauso ins Freiland wie die europ. LS. Wer Wasserschildkröten hat, und ich betone es noch einmal, es gibt sehr verschiedene Arten, der hält sie auch in Gruppen und braucht viel Platz.
Meine Tiere (13 Stück) sind seit 30 Jahren ganzjährig in ihrem Teich und ohne irgendein Problem. Wenn ich hier immer lese, was mit den Schildkröten verantaltet wird und wie oft der TA ins Spiel kommt, kann ich nur sagen, es muß meinen Tieren in ihrer Gruppe super gehen. Seit 30 Jahren kein Todesfall, keine Erkrankung, keine Verletzungen und jedes Jahr 100% Schlupfrate.
ABER, es gibt eben wirklich Arten, die einzeln gehalten werden müssen, aber das schrieb ich ja bereits.
LG Harald

Guten Morgen Harald,

wir wollen uns hier sicher nicht treiten, zumal es sich scheinbar um ein dickes Mißverständnis handelt ;)
ICH bin für Gruppenhaltung in der Landschildkrötenhaltung, habe aber auch nur Tiere genommen, bei denen das Geschlecht bereits fest stand. Mir geht es einzig darum, Anfänger auf eine evtl. auftretende Probelmatik hinzuweisen, wenn mehrere Jungtiere angeschafft werden. Und, sind wir doch mal ehrlich, die wenigsten haben wirklich bei erforderlichen Trennungen den benötigten Platz um mehrere Freigehege anzulegen, auch tritt dann der nciht außer Acht zu lassende Kostefaktor ein.
Aus den genannten Grründen halte ich eine entsprechende Aufklärung für wichtig. Es gibt so unendlich viele Schildkröten, die keiner mehr haben will oder die wegen dämlichen Vorschriften nicht aus einer Auffangstation wieder heraus geholt werden können. Daher: lieber erst einmal ein Tier nehmen und nach und nach eine Gruppe mit sicherer Geschlechtsbestimmung aufbauen, sofern es die Verhältnisse zulassen.
In Bezug auf Wasserschildkröten hast du sicher Recht, aber auch hier sieht die Tatsache anders aus. Die meisten Tiere sitzen eben in Aquarien und wenn es dann noch mehrere in einem viel zu kleinen Becken ist, beginnt meiner Meinung nach hier schon Tierquälerei bei der viele Tiere elendig eingehen :(
Leider sind eben viele Leute so: ist süß, will haben. Völlig egal, ob eine auch nur halbwegs artgerechte Haltung überhaupt möglich ist. Ist jeden Tag aufs Neue in allen Foren zu lesen, von der Dunkelziffer mag ich gar nicht reden...

Mit einem lieben, beschwichtigenden Gruß,
Sabine

Zitat von sabineg im Beitrag #19

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Daher: lieber erst einmal ein Tier nehmen und nach und nach eine Gruppe mit sicherer Geschlechtsbestimmung aufbauen, sofern es die Verhältnisse zulassen.

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Ich bin wenn möglich für Gruppenhaltung die aber nicht immer ganz einfach ist.
Meine 5er Männer WG war vom Schlupf 2007 bis Anfang 2015 immer zusammen, und harmonierte bis Dato auch Gut zusammen.
Nach der Winterstarre gab es seit 2 Jahren immer Revierkämpfe und ich stellte fest das über das Jahr hinweg, obwohl genügend Platz im Gehege vorhanden war
alle fast immer zusammen herum wuselten und sie immer Stress hatten.
Ein Männchen konnte ich in Artgerechter Haltung abgeben, er lebt jetzt mit 5 Weibchen in einen schönen Gewächshaus mit Freigehege.
Im Spätsommer 2015 bekam ich 3 Weibchen die 5, 6 und 7 Jahre Alt waren und nach der Quarantäne durfte ein zweites Männchen zu ihnen.
Die 3 letzten Männchen bekamen nach der Winterruhe 2015 jeweils ihr eigenes Frühbeet und Freigehege, leben jetzt zwar alleine haben aber nicht mehr den Stress wie vorher.



VG Andreas

Rosi, du sprichst mir aus dem Herzen. Ich lese und bekomme auch immer die Anfragen nach dem Motto: Ich habe ein Weibchen und hätte gerne ein Männchen dazu, oder umgekehrt. Ich hätte meine Böcke solchen Leuten andrehen können. Mache ich aber nicht und kläre die Leute auf. Was passiert? Sie kaufen woanders.
Hoffnungslos !!!

LG Harald

Zitat von Emys64 im Beitrag #23

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Ich habe ein Weibchen und hätte gerne ein Männchen dazu, oder umgekehrt.

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Rosi schrieb:

Zitat

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Die "bösen" Männchen sind meiner Meinung selbstgemacht- einerseits durch Einzelhaltung und durch zu schnellem Wachstum. Männchen die mit 3-4 Jahren schon nicht mehr wissen was sie rammeln sollen sind nicht normal.
Männchen die schön langsam in der Gruppe aufwachsen, mit denen hatte ich noch nie Probleme. Auch tut ein normales Männchen einem Semiadulten nichts und kommt dann auch später damit klar wenn der Platz gegeben ist.
Die die wirklich nur eine Schildkröte wollen, denen vermittle ich auch Männchen die nicht gesellschaftsfähig sind.

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Ich bin völlig Deiner Ansicht, dass Männchen oft genug zu Unrecht verteufelt werden. Auch die damaligen immer wieder hochgekochten Diskussionen, dass man gefälligst als Züchter möglichst Weibchen zu inkubieren habe, habe ich damals überhaupt nicht verstanden. Aber alles hat seine Kehrseite, denn wenn Du vehement versuchst Weibchen zu inkubieren, riskierst Du einen hohen oder höheren Anteil von "behinderten Nachzuchttieren". Du bewegst Dich am Rande der 33°C oder zeitweise sogar darüber schon am Rande des Absterbens oder produzierst schildanomalie-behaftete Tiere, Anophthalmien oder schlimmeres (Tiere mit beispielsweise fehlendem Unterkiefer u. dgl.) - aber die sind dann wenigstens weiblich... Schaut Euch doch bloß mal Gundas Seiten über die Schildanomalien an, da kommt einem das Gruseln...

Wir sind uns darin einig, dass Männchen eigentlich nicht so schlecht sind wie ihr Ruf. ABER: Wir haben oder hatten definitiv a) einen Männchenüberschuss, der (artgerecht) untergebracht werden will (aber meistens nicht artgerecht untergebracht wird) und b) sind Männchen nun einmal ein Problem, spätestens dann, wenn sie anfangen Scheibe zu spielen. Solange die Tiere sich artig benehmen ist alles ok. Wenn sie geschlechtsreif werden, wird sich jedes (zumindest maurische) Landschildkrötenmännchen behaupten wollen. Dann werden die männlichen Tiere zum Problem und die Karten werden neu gemischt und nichts ist so wie vorher. Mit "böse" hat das wenig zu tun. Es wird passieren, die Frage ist nur, wann und wie gehe ich dann damit um?

Was machen wir also künftig, um der Männchenproduktion entgegenzuwirken?
Am elegantesten wäre es vermutlich, wenn der Züchter kontrolliert die Eier vergräbt, tagsüber Dampf macht und mit Nachtabsenkung brütet. So halten sich wenigstens die Anomalien im Zaum und die Männchen in der Unterzahl. Oder wäre es generell nicht sogar klüger, Inkubationen für die nächsten Jahre völlig einzustellen? Der Bedarf an europ. Landschildkröten im eigenen Lande ist ohnehin gedeckt. Was meint Ihr?

LG Andreas