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Seite: Oxyuren

Oxyuren

Allgemeines:
Oxyuren gehören wie die Spulwürmer zu den Nematoden.
Andere Bezeichnungen: Oxyuriden, Priemenschwänze, Madenwürmer, Rundwürmer
Größe: 2 – 12mm
3 Entwicklungsstadien: Wurm, Larve und Ei (mit verschiedenen Stadien)
2 Geschlechter: Weibchen und Männchen
Typisch ist das spitze Hinterende beim Weibchen.
Lebensraum: Dickdarmtrakt und Blinddarm von Wirbeltieren, Insekten oder Ringelwürmern – und natürlich auch in Schildkröten. Überwiegend leben sie in Pflanzenfressern.
In freier Wildbahn sind 100% der Europäischen Landschildkröten mit Oxyuren infiziert, unter menschlicher Obhut sind es 70 – 80% (KÖLLE 2009).

Oxyurengattungen und -arten

Die Ordnung der Oxyuriden umfasst ca. 850 bekannte Arten mit unterschiedlichen Eigenschaften
Oxyuren kommen in Reptilien mit 12 Gattungen und 100 – 150 Arten vor.
Davon in Landschildkröten mit 7 Gattungen und ca. 54 Arten
Davon in Europäischen Landschildkröten mit 6 Gattungen.

Eine Auswahl verschiedener Oxyuren-Arten, die in Europäischen Landschildkröten und in T.horsfieldii auftreten:
Alaeuris numidica: klein-mittelgroß, Lebensraum: Blinddarm von Jungtieren, viele Eier
Thaparia (3 Arten): vorwiegend im Blinddarm von Testudo hermanni, wenige dünn beschalte Eier
Mehdiella microstoma: selten, Lebensraum: Dickdarm, in Jungtieren, ernährt sich von Darmsekreten, überlebt im Winter, viele Eier
Mehdiella uncinata: selten, Dickdarm, hauptsächlich in Jungtieren
Tachygonetria: 24 Arten, häufig
Tachygonetria dentata: 6mm, gelegentlich vivipar (lebendgebährend), nicht in T.marginata nachgewiesen, Lebensraum: Dickdarm junger Tiere unter 10 Jahren, ernährt sich von Nahrungsbrei, stirbt in der Regel im Winter ab
Atractis dactyluris: einige Wissenschaftler rechnen den Wurm zu den Oxyuren, andere nicht; vivipar, konnte nur in geschlechtsreifen Schildkröten über 10 Jahre nachgewiesen werden

Anhand der Eier lassen sich die Arten nicht identifizieren. Daher gibt eine Kotprobe, in der lediglich Eier zu finden sind, keinen Aufschluss darüber, um welche Art es sich handelt.

Vom Ei zum Wurm:
Die Schildkröte nimmt beim Fressen Oxyuren-Eier oder -Larven auf. Bei günstigen Umweltbedingungen, wie Wärme und Feuchtigkeit, entwickeln sich innerhalb von 24 Stunden bis wenigen Tagen Larven in den Eiern. Diese schlüpfen in den oberen Darmabschnitten der Schildkröte, wo sie sich während des Larvenstadiums auch aufhalten.

Das wunderbare Biotop der Oxyuren
Der Verdauungstrakt pflanzenfressender Landschildkröten ist das perfekte Biotop fur Oxyuren. Bis zu 15 Arten leben hier in friedlicher Nachbarschaft. Jede Art nutzt ihre besondere ökologische Nische innerhalb des Dickdarms oder des Blinddarms, also an Orten wo die bakterielle Zersetzung der Nahrung und die Fermentation stattfindet. Das Hauptvorkommen von Oxyuren befindet sich im erweiterten ersten Drittel des Dickdarms. Dort durchsetzen sie meist zu tausenden den Nahrungsbrei, während sich die Wurmdichte in den hinteren Bereichen des Dickdarms kontinuierlich verringert, um schließlich im Rektum ganz zu enden.
Arten, die sich von Nahrungsbrei ernähren, gehen im Winter eher ein als Arten, die sich von Darmsekreten ernähren.

Bei einer Oxyurenart, die in Kakerlaken lebt, fand man heraus, dass sie sich vermutlich selbst dezimieren. Ein Stamm bestand immer nur aus einem Männchen und wenigen Weibchen. Wie es bei auf Schildkröten spezialisierten Oxyuren ist, wurde bisher noch nicht untersucht.

Der Zusammenhang zwischen Oxyurenbefall und Alter der Schildkröte:
"Schlüpflinge im Alter von unter einem Jahr sind parasitenfrei" – So ist es in zwei Literaturquellen zu lesen. (TRAVERSA 2005, PETTER 1966) Die Autoren erklären dies mit einem Immunitätsschutz durch Antikörper im Schlüpflingsstadium und durch die Tatsache, dass Schlüflinge in der Regel separat gehalten werden und somit weniger Infektionsmöglichkeiten haben. Allerdings wurden auch Oxyurenarten entdeckt, die sich auf Schlüpflinge spezialisiert haben.
Die meisten Oxyurenarten sind jedoch erst ab dem zweiten Lebensjahr im Darm von Landschildkröten zu finden. Sie parasitieren dann ein Leben lang in diesen Wirtstieren.
Dies bestätigte A.Brosdas Erhebung:
juvenil (0-2J.) 64%, davon 52% +++
Semiadult: 43%, davon 36% +++
adult: 38%, davon 25% +++
Schildkröten von 0-2 Jahren wurden in ihrer Untersuchung allerdings zu einer Altersgruppe zusammengefasst. Zu höherem Erkenntnisgewinn hätte es geführt, wenn man für die Schlüpflinge bis zu einem Jahr eine separate Gruppe gebildet hätte.
Die höchste Infektionsrate stellte man mit 1-5 Jahren fest (TRAVERSA 2005), da der natürliche Immunitätsschutz in dieser Zeit nachlässt. Oxyuren, die auf diese Altersgruppe spezialisiert sind, legen besonders viele Eier.
So um die 5 Jahre erfolgt ein Einschnitt. Es treten neue Oxyurenarten auf, die weniger Eier legen.
Mehdiella uncinata bzw. Tachygonetria dentata parasitieren in Jungtieren unter 10 Jahren
Bei adulten Tieren wurden die wenigsten Oxyureneier in den Kotproben nachgewiesen.

Weitere Faktoren, die sich auf den Oxyurenbefall auswirken können:
Haltungsform:
Terrarien-Schildkröten hatten etwas häufiger Oxyuren als Freiland-Schildkröten, das Verhältnis betrug 56% : 46%. Grund: Kleiner Aktionsradius im Terrarium, wodurch die SK leichter in Kontakt mit ihren Ausscheidungen kommt.
Schildkröten aus Einzelhaltung waren erwartungsgemäß geringfügiger mit Oxyuren belastet.
Vorherige Entwurmungen:
Von den Schildkröten, die noch niemals entwurmt worden waren, wiesen in A.Brosdas Untersuchung 61% der Kotproben Oxyurenstadien auf, meist hochgradig.
Von den Schildkröten, die innerhalb des letzten halben Jahres entwurmt wurden, hatten immerhin 35% Oxyuren, wenn auch meist geringgradig.
Mögliche Gründe: Hygienemaßnahmen wurden nicht eingehalten oder das Mittel wurde nicht ordnungsgemäß verabreicht.

Faktoren, die keine Rolle spielen:
Schildkrötenart: Oxyuren waren bei allen Europäischen Landschildkrötenarten in gleicher Menge nachzuweisen. Es gibt also keine Schildkrötenart, die besonders anfällig für Oxyuren ist. Marginata scheint für manche Oxyurenarten nicht anfällig zu sein.
Geschlecht: Bei männlichen und weiblichen Schildkröten traten Oxyuren gleich häufig auf.

Was bewirken Oxyuren im Körper der Schildkröte?
Offensichtlich gibt es sowohl negative als auch neutrale als auch positive Wirkungen von Oxyuren
Anette Brosda nimmt auf mehrere Literaturquellen Bezug, in denen Unterschiedliches zu lesen ist. Fest steht: Es gibt keine spezifischen Krankheitssymptome. Bei obduzierten Tieren, die mit Oxyuren infiziert waren, waren keine Organschäden und keine Gewebeschäden zu finden.
Mögliche und erwiesene negative Folgen:
Jedoch gab es einen Zusammenhang zwischen der Stärke des Befalls und unspezifischen Symptomen: Je stärker der Befall desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass das Tier Symptome aufweist. Am deutlichsten war der Zusammenhang zwischen einem Massenbefall an Oxyuren und Anorexie, Gewichtsverlust oder Schwäche. In extrem verwurmten obduzierten Schildkröten wurden in der Übergangsregion vom Dünndarm zum Dickdarm Knäule aus Würmern entdeckt, die evtl. für den Tod verantwortlich waren.
Bei hochgradigem Befall werden in der Literatur allgemeine Symptome wie Unruhe, fehlende Hibernationsbereitschaft und Verweigerung der Nahrungsaufnahme nach Beendigung der Winterstarre beobachtet. Ferner werden Penis- oder Kloakenvorfall durch starkes Pressen erwähnt. FRANK (1985) zählt Unruhe und Verweigerung der Nahrungsaufnahme nach Beendigung der Hibernation als Symptome auf. Bei kümmernden Jungtieren wird in der Literatur nach der Entwurmung eine erhebliche Gewichtszunahme, ein gleichmäßigeres Panzerwachstum und ein deutlich lebhafteres Verhalten beschrieben. Andererseits ist eine Schädigung durch Nährstoffentzug eher unwahrscheinlich, da die Oxyuren im Enddarm als Reststoffverwerter leben.
Alle genannten Merkmale sind nicht eindeutig auf Oxyuren zurückzuführen. Denkbar ist, dass der Parasitenbefall eine sekundäre Folge einer anderen Erkrankung oder einer Abwehrschwäche ist.
Die Einsender der von A.Brosda verwendeten Kotproben gaben im beigefügten Fragebogen von Exomed an, ob das Tier Krankheitssymptome zeigte. 2/3 der Tiere mit nachgewiesenem Oxyuren-Befall machte auf den Einsender einen gesunden Eindruck.
TOBIAS FRIZ stellte auf einem Vortrag in Dorsten, 2016, dar, dass Oxyuren die Aufnahme von Calcium aus der Darmwand beeinträchtigen
Schlussfolgernd kann davon ausgegangen werden, dass eine Oxyureninfektion Symptome verursachen kann, die jedoch zu unspezifisch sind, um charakteristisch für diese zu sein.

Mögliche und erwiesene positive Folgen:
- Oxyuren könnten durch Aufbrechen der Kotmassen im Darm eine Verstopfung durch Zellulosereste verhindern
- Die Dichte, die diese Nematoden in einigen Tieren erreichen, soll die Zurückhaltung des Darminhalts begünstigen.
- Magen-Darm-Probleme traten häufiger bei oxyuren-negativ getesteten Tieren auf (Exomed Fragebogen, A.Brosda)
- Da der Dickdarm der Herbivoren Hauptort der Fermentation ist, spielen Oxyuren möglicherweise eine direkte oder indirekte Rolle bei der Verdauung der Pflanzennahrung, z.B. bei der mechanischen Zerkleinerung des Darminhalts, aber auch in der Produktion nützlicher Abbauprodukte, wie zum Beispiel flüchtiger Fettsäuren und/oder der Regulation der mikrobiellen Population.
- Bei Kaulquappen vom Ochsenfrosch wurde ein positiver Effekt von Oxyuren auf die Entwicklung nachgewiesen (schnelleres Wachstum)
Das Ergebnis einer Vergleichenden Ernährungsstudie (Bestandteil der Dissertation von A.Brosda) ergab, dass die Tiere der mit Oxyuren infizierten Vergleichsgruppe signifikant mehr fraßen, mehr Kot abgaben und eine effizientere Verdauungsleistung erbrachten.

Die Aussagekraft von Kotproben
Die Stärke des Befalls kann mit Hilfe einer Kotprobe nur sehr ungenau festgestellt werden.
Kotproben können negativ ausfallen, obwohl Würmer vorhanden sind.
46% der 276 bei Exomed eingereichten Kotproben aus A.Brosdas Untersuchung waren positiv. Literaturquellen zufolge liegt der Befall bei SK unter menschlicher Obhut eigentlich bei 70 – 80% (KÖLLE 2009).
Gründe:
- Oxyurenweibchen scheiden ihre Eier phasenweise aus. (Eigene Frage dazu: Sprechen sich die Wurmweibchen ab? Müssten nicht bei tausenden von Würmern immer Weibchen dabei sein, die gerade Eier ausscheiden?)
- Einige Oxyuren-Arten z.B. Alaeuris numidica und Mehdiella microstoma, legen mehr Eier als andere. Spezielle Arten, die in juvenilen Schildkröten parasitieren, legen eine große Anzahl Eier. Da anhand der Eier die Oxyurenart nicht zu identifizieren ist, kann man aus der Anzahl der Eier in der Kotprobe nicht auf die Wurmbelastung schließen.
- Einige wenige Arten (die hauptsächlich im Darm adulter SK auftreten) sind lebendgebährend, daher sind keine Eier im Kot nachweisbar.
- Die Untersuchungsmethoden sind unterschiedlich genau. Das aufwändige McMaster-Verfahren ist genauer als die normalerweise durchgeführte Nativuntersuchung.

Bekämpfung
Chemisch: Fenbendazol in Form von Panacur oder Welpan. Das Mittel gibt es als Paste oder Tablette in unterschiedlicher Konzentration.
Wiederholung: Sehr unterschiedliche Empfehlungen z.B. 1x nach 14 Tagen (EXOMED) oder 4x im Abstand von 3 Tagen (R.KEIL)
Die Würmer sind einige Tage nach der Behandlung in großer Zahl im Kot zu sehen. Fenbendazol lähmt die Würmer, aber tötet sie nicht ab. (Vortrag Jennemann, Bidmon) Eier werden durch das Mittel nicht vernichtet.
Noch 31TG nach Entwurmung mit Fenbendazol können Wurmeier ausgeschieden werden. Merke: Frühestens nach 31 TG ist eine erneute Kotuntersuchung sinnvoll!
Nebenwirkungen: Veränderung des Blutbildes (NEIFFER et.al.)
Bei Resistenzen wird Molevac (Humanmedizin) eingesetzt, das den Kot rötlich färbt. Wurm stirbt ab.
Oxfenil: Wurm stibt ab (JENNEMANN, Vortrag)
Auf keinen Fall darf Ivomec eingesetzt werden. Es kann tödlich wirken (JENNEMANN)
Mechanisch: Sauerkraut, Zeitungspapier
Biologisch: Papaya und Feige enthalten Enzyme, die Eiweißmoleküle aufspalten Keratin wird von Enzymen in Obst nicht aufgespalten. D.h. Würmer lassen sich durch diese Früchte bekämpfen, Larven nicht.
Biologisch-mechanisch: Christines Wurmpaste. Erfahrungsberichte von großen sichtbaren Wurmmengen im Kot schon nach 24 Std.

Hygiene
Die Überlebensfähigkeit von Oxyuren-Eiern außerhalb des Schildkrötenkörpers ist sehr hoch. Optimale Bedingungen bieten Feuchtigkeit und kühle Temperaturen (2-8°C). Aber auch bei Zimmertemperatur überleben sie mehrere Tage. Sie vertragen extrem hohe bzw. tiefe Temperaturen von -22°C bis + 50°C! Erst bei Dauertemperaturen über 53°C sterben sie ab. Oxyuren-Larven erwiesen sich ebenfalls als verhältnismäßig resistent gegen Temperaturveränderungen, keratinspaltende Fermente und Antiseptica. (OELKERS)
Die Infektion erfolgt oral und ohne Zwischenwirte. (KÖLLE) Das heißt Schildkröten können sich nicht durch Fressen von Katzen- oder Vogelkot mit "fremden" Oxyuren infizieren.
Um eine Neuinfektion nach der Entwurmung auszuschließen, wird empfohlen, den Bodengrund auszutauschen. Bei großen Beständen ist das kaum umsetzbar. Durchführbare Hygienemaßnahmen im Freigehege: Kot absammeln, Wasserschalen häufig reinigen. Diese Maßnahmen führen zumindest zu einer Schadenbegrenzung. Herkömmliche Desifektionsmittel und Säuren wirken nicht gegen Oxyuren-Eier. Nur Lauge, z.B. Schmierseife, löst die Eischale auf.

Quellen:
ANETTE BROSDA "Untersuchungen zur Infektion mit Oxyuren bei mediterranen Landschildkrötenin menschlicher Obhut und ihr Einfluss auf die Entwicklung juveniler Testudo graeca" Grundlage für ihre Arbeit bilden Literaturquellen, die Untersuchung von 276 Kotproben aus dem Labor Exomed und eine vergleichende "Ernährungsstudie" mit 15 Tgi. http://www.diss.fuberlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000013204/Brosda_online.pdf;jsessionid=3221555B7ABE366710B74B45D20D477F?hosts=
PETRA KÖLLE "Oxyuren" https://www.thieme.de/de/tiermedizin/oxyuren-51006.htm
H.-A.OELKERS "Untersuchungen an Oxyureneiern" http://link.springer.com/article/10.1007%2FBF00260466
NEIFFERr, D. L., D. Lydick, K. Burks & D. Doherty (2005):
"Hämatologische und plasmabiochemische Veränderungen nach Fenbendazolgabe bei der Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni)" file:///C:/Users/Master/Desktop/Schildkr%C3%B6ten/Gesundheit/Parasiten/Parasiten%20Panacur%20Sch%C3%A4den.html
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