Hallo,

in einem anderen Forum fragt grad jemand an nach der Möglichkeit, Schildkröten in einer 140 cm tiefen Grube zu überwintern, eine Grube, die mal dazu diente, Autos von unten zu reparieren.

Dazu möchte ich Euch erzählen, was ein Schildkrötenhalter in den 70iger Jahren mal gemacht hat. Er hatte einen Erdkeller oder wie man das nennt. Er konnte über eine Treppe in einen unterirdischen Raum gehen. Wozu der ursprünglich diente, weiß ich nicht mehr. Nachdem die Schildkröten im Herbst in diesem Erdkellerraum untergebracht waren, ist er irgendwann dienstlich für längere Zeit nach Amerika gegangen. Als er nach mehr als einem Jahr zurückkam bzw. als dann wieder Frühjahr war, hat er die Schildkröten wieder aus dem Keller geholt. Es waren alles adulte Tiere und er meinte, es wäre allen gut gegangen. Erzählt hat er das so Mitte der 90iger Jahre. Da hatte er von diesen Tieren mehrere Jahrgänge Nachzuchten. Den Kellereingang hat er uns gezeigt. Leider wünschte der Herr keine weiteren Kontakte zu anderen Schildkrötenhaltern und auch nicht zu uns beiden, die wir Glück hatten, dass er uns reingelassen hat.

Hallo Hannelore,

das versteh ich jetzt nicht.... Waren die Schildkröten über 1 Jahr in dem Kellerraum ?? Ohne Futter und Wasser ??
Tut mir leid, aber DAS kann ich nicht glauben !

LG Gundi

Ja @Geka, Gundi,
so hat er es erzählt. Er hat uns den Deckel für den Eingang geöffnet. Er war ganz mit Gras überwachsen. Dann sahen wir die Treppe nach unten. Er leuchtete dann mit der Taschenlampe hinein. Es war ein Boden aus fester Erde. Der Raum lag auf einem leichten Hügel gleich neben seinem Haus. Ich hab ihm geglaubt, was er erzählt hat.
Zu der Zeit hatte gerade von etwas Ähnlichem gelesen. Das wollte ich jetzt nochmal finden und hab meine alten Schildkrötenbücher durchgeschaut.
Im Buch von Brian Pursall "Europäische Landschildkröten" steht auf Seite 25 unter Punkt 3 sowie auf Seite 26 in Fortsetzung ein rein rechnerisches Ergebnis.
Ich zitiere mal nur einen Auszug: "..., ergibt sich daraus eine Rechenformel zur Ermittlung des theoretisch maximalen Überwinterungszeitraumes einer Landschildkröte: ....19,5 Jahre
Das soll selbstverständlich keine Ermunterung dazu sein, Landschildkröten auch nur für einen annähernd so langen Zeitraum einzuwintern! .....Berechnung, die als nicht vertrauenswürdig zu betrachten ist."
Ich hab mich grad richtig festgebissen in seinem Thema "Überwinterung", weil ich da einige Gedanken drin finde, die wir in der letzten Zeit im Zusammenhang mit Gundas Umfrage auch diskutiert haben.

Schade - das Buch habe ich nicht.
Kannst du zusammengefasst kurz beschreiben, wie er darauf kommt ? Weshalb sollte eine -ich nehme mal an- adulte Schildkröte soooo lang ohne Wasser auskommen können ?
Weshalb sollten ihre Organe so lang arbeiten können ohne Energie dazu zu bekommen ??

Mir ist das suspekt... Das kann ich mir einfach nicht vorstellen !

Hallo, vor allem @Geka

kurz zusammenfassen kann ich nicht.
Ich möchte Missverständnisse vermeiden, daher zitiere ich lieber mit flinken Fingern aus dem von mir genannten Buch:

Der Verfasser fand durch Versuche heraus,
dass wenn:
1. das Verdauungssystem der Schildkröte bei Antritt der Winterruhe völlig entleert ist,
2. die Körpertemperatur des Tieres während der gesamten Ruhephase konstant bei 4°C liegt und
3. das Tier ein Gewicht von mehr als 1.500 g vor der Winterruhe aufweist,
der Gewichtsverlust nach einer viermonatigen Winterruhe generell weniger als 5 g beträgt. Der exakte Verlust konnte mit den dem Verfasser zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ermittelt werden. Das Problem liegt zum einen in einer absolut akkuraten Gewichtsmessung, zum zweiten kommt es manchmal während der Winterruhe zu Wasseransammlungen im Schildkrötenkörper, und drittens ist es ausgesprochen schwierig, eine bestimmte Temperatur über einen längeren Zeitraum hinweg wirklich konstant zu halten. Die Resultate des Verfassers zeigen bei gesunden Landschildkröten und einer Temperatur von 4°C einen Gewichtsverlust von etwa 0,1% pro Monat.
Um eine Vorstellung von der längstmöglichen Überwinterungsdauer für Landschildkröten zu bekommen, ließ der Verfasser ein zehn Wochen altes Tier für 15 Wochen in der Winterruhe; der Gewichtsverlust betrug 23 % des vorherigen Körpergewichts. Das Tier begann zwei Tage nach Beendigung der Ruhephase mit der Nahrungsaufnahme, baute das verlorene Gewicht stetig wieder auf und zeigte keinerlei Krankheitsanzeichen. Vergleicht man diese Daten mit den vorangegangenen, ergibt sich daraus eine Rechenformel zur Ermittlung des theoretisch maximalen Überwinterungszeitraumes einer Landschildkröte:
23,5 x 1
0,1 x 12 = 19,5 Jahre (Bemerkung von mir: Der Unterstrich soll ein Bruchstrich sein, das Gleichheitszeichen soll in der Höhe des Bruchstrichs sein.)

Das soll selbstverständlich keine Ermunterung dazu sein, Landschildkröten auch nur für einen annähernd so langen Zeitraum einzuwintern! Dieses Rechenexempel basiert auf einer mutmaßlichen Berechnung, die als nicht vertrauenswürdig zu betrachten ist. Das Beispiel zeigt aber deutlich, dass für eine erfolgreiche Überwinterung die Temperatur einen ausschlaggebenden Faktor darstellt, die Länge der Ruhephase hingegen relativ unwichtig ist.

Der Autor schreibt nun noch weiter über konstante Temperaturen, über die Grabaktivitäten während der Winterruhe zwecks Temperaturausgleich, über den Unterschied zwischen kleineren und größeren Tieren, über Schäden durch zu geringe Körpertemperatur der Schildkröte.
Auch schreibt er über „Gesundheitsprobleme in der Winterruhe“ und empfiehlt 5 verschiedene Methoden der Überwinterung. Letztlich lässt er die Kontrolle während der Winterruhe nicht unerwähnt, geht speziell auf Schlüpflinge ein, schreibt was zu „Beenden der Winterruhe“ und „Vermeidung der Winterruhe“.
Jedes Thema für sich ist sicher ein Diskussionspunkt unter heutigen Erkenntnissen. Das Buch ist von 1995.

Hallo Hannelore,

....rein rechnerisch hat der Verfasser da sicher Recht. Logischerweise müsste ein schwereres als 1.500 g schweres Tier entsprechend dann noch länger in die Winterruhe können.....
Wobei aber wirklich betont werden muss, dass dies ein theoretisch maximaler Überwinterungszeitraum ist.
Im Grunde kann man alles irgendwie ausrechnen. Normalerweise müsste jeder Mensch ~105 Jahre alt werden. Für dies Alter sind unsere Organe etc. angelegt.

Ich versuche die Formel irgendwie nachzuvollziehen. Woher kommt der Wert 23,5 über dem Bruchstrich ?

Zitat

---

Das Beispiel zeigt aber deutlich, dass für eine erfolgreiche Überwinterung die Temperatur einen ausschlaggebenden Faktor darstellt, die Länge der Ruhephase hingegen relativ unwichtig ist.

---

Diesen Satz glaube ich ! Wie gesagt: meine Hercis machen um die 6 Monate Winterruhe. Wobei sie sich in der Erde ihr passendes Temperaturniveau selber suchen (1 m Tiefe steht zur Verfügung)

Ich persönlich glaube nicht, dass die Organe ohne Energiezufuhr so lang funktionstüchtig bleiben können.

LG Gundi